Die Funklotterie-Postkarte – Ein nostalgisches Kapitel deutscher Radiogeschichte am Beispiel einer Karte aus Weste-Bahnhof (Sonderstempel „Bevensen“)

Die Funklotterie war eine der beliebtesten Rundfunkveranstaltungen der Nachkriegszeit in Deutschland. Sie verband Unterhaltung mit der Möglichkeit, durch den Kauf von Funklotterie-Postkarten zu attraktiven Geld- und Sachpreisen zu gelangen. Diese Aktion weckte bei den Zuhörern nicht nur den Traum vom schnellen Gewinn, sondern spiegelte auch den Zeitgeist und die Aufbruchstimmung der 1950er und 1960er Jahre wider.

Die Funklotterie wurde erstmals 1956 vom Nordwestdeutschen Rundfunk (NWDR) ins Leben gerufen, um Spenden für soziale Projekte zu sammeln. Dabei wurden Postkarten verkauft, auf denen die Teilnehmer ihre Namen und Adressen eintrugen, um an der Verlosung teilzunehmen.



Ganz unten auf der Karte konnte noch die Sonderfrage beantwortet werden (in diesem speziellen Fall „Fahrstuhl“). Darüber befand sich eine Anleitung zum Ausfüllen des Formulars.
Die Lotterie wurde live im Radio übertragen, was für zusätzliche Spannung sorgte.

Wegen der recht häufigen Benutzung und der Vielzahl von Stempelungen mussten die Losnummer-Stempel oft ausgewechselt werden und so kamen im Laufe der Jahre viele verschiedene Stempeltypen in Größe und Form zum Einsatz. Gerade in den ersten Nachkriegsjahren, wo so manche Dinge noch Mangelware waren, wurden viele Stempel noch aus altem Bestand aufgebraucht. So geschehen auch mit farbigen Stempelkissen. Daher gibt es sowohl schwarze als auch rote Abstempelungen.

Die Teilnahme an der Funklotterie war denkbar einfach. Man kaufte eine speziell dafür ausgegebene Funklotterie-Postkarte, füllte sie aus und schickte sie an den Sender zurück. In den Livesendungen wurden die Gewinner anhand der eingesandten Karten gezogen. Oft wurden dabei nicht nur Geldpreise verlost, sondern auch Alltagsgegenstände wie Haushaltsgeräte, die in der Nachkriegszeit als besonders wertvoll galten.

Besonders reizvoll war die Art, wie die Funklotterie das Radio und die Postkarten miteinander verknüpfte. Die Spannung steigerte sich durch die Livesendung im Radio, die in vielen Familien zum festen Ritual wurde. Das Rascheln der Postkarten, wenn die Moderatoren in einem Korb wühlten, war für viele Zuhörer das Zeichen, dass bald der nächste Glückspilz ermittelt wurde.

Die Funklotterie-Postkarten hatten nicht nur einen finanziellen Wert für die Teilnehmer, sondern auch einen emotionalen. Die Vorstellung, dass die eigene Postkarte vielleicht gezogen wird, weckte Hoffnungen und Träume. In einer Zeit, in der Luxusgüter selten und die wirtschaftlichen Verhältnisse oft angespannt waren, bot die Funklotterie die Möglichkeit, mit wenig Einsatz große Gewinne zu erzielen.

Darüber hinaus war die Funklotterie auch ein soziales Ereignis. Familien, Freunde und Nachbarn versammelten sich vor dem Radio, um die Ziehungen gemeinsam zu verfolgen. Das Radio, damals das Hauptmedium der Unterhaltung und Information, brachte durch die Funklotterie die Menschen noch enger zusammen.

Mit der zunehmenden Verbreitung des Fernsehens und der Entstehung neuer Formen des Glücksspiels verlor die Funklotterie nach und nach an Bedeutung. In den 1970er Jahren wurde das Format schließlich eingestellt. Dennoch bleibt die Funklotterie und insbesondere die Funklotterie-Postkarten ein prägendes Beispiel für die Kultur und den Optimismus der Nachkriegszeit.

Heute sind die Funklotterie-Postkarten beliebte Sammlerstücke, die nostalgische Erinnerungen an eine Zeit wecken, in der das Radio das Fenster zur Welt und die Hoffnung auf das große Los war. Sie erinnern an eine Ära, in der Unterhaltung, Gemeinschaft und die Chance auf einen Gewinn eng miteinander verknüpft waren.

Die Funklotterie-Postkarten stehen symbolisch für eine besondere Ära der deutschen Rundfunkgeschichte. Sie repräsentieren nicht nur ein Stück Vergangenheit, sondern auch die Verbindung von sozialem Engagement, Unterhaltung und der Hoffnung auf ein besseres Leben.

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